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G
ESCHICHTSWERKSTATT BAYREUTH  e.V.


Geste der Erinnerung

Einladung ehemaliger Bayreuther jüdischen Glaubens
nach Bayreuth

Projekt-Woche 13.–19. September 2003


Die Vorgeschichte

Im Herbst 2001 führten Schüler der fünf Bayreuther Gymnasien und der Städtischen Wirtschaftsschule sowie Angehörige der Bundeswehr die Aktion Denk-Steine-Sammlung zum Gedenken an die jüdischen Bayreuther, die Opfer des Nationalsozialismus wurden durch. Die Arbeiten der Teilnehmer – Gedichte, Bilder, Collagen, Briefe an die Opfer, Forschungsarbeiten – wurden zu einer Ausstellung zusammengestellt. Bei einer Abschlussveranstaltung der Aktionswochen wurde für jedes Opfer ein Stein mit seinem Namen in einen eigens geschaffenen Drahtgeflechtbehälter, dem sogen. Turm, gelegt. In der Folgezeit gingen die Steine und die Teilnehmerarbeiten als Wanderausstellung an verschiedene Schulen auch ausserhalb Bayreuths sowie mehrmals zur Bundeswehr. Zuletzt waren sie von Juli bis Anfang September 2003 in der Stadtkirche in Bayreuth zu sehen.

Siehe auch www.geschichtswerkstatt-bayreuth.de/denksteine.html


Die Denksteine als
Erinnerungs- und Mahnmal


GESTE DER ERINNERUNG

Am 15. September 2007 wurden die Denk-Steine an die Stadt Bayreuth über­geben, die sie als dauerhaftes Erinnerungs- und Mahnmal im Historischen Museum aufstellte. Zu diesem Anlass hat die Geschichtswerkstatt all jene ehemaligen Bayreuther jüdischen Glaubens eingeladen, die der Shoa entron­nen waren. Sie alle hatten nahe Verwandte durch die NS-Tyrannei verloren. Das Angebot lautete, die Reise- und Unterbringungskosten für die Betroffenen und eine Begleitperson bis zu einer Woche zu übernehmen. Die Reaktion war über­wältigend. Viele hatten ihr Kommen zugesagt, andere mit Bedauern allein aus gesundheitlichen Gründen absagen müssen. Fast alle brachten auf eigene Kosten Nachkommen mit. Sie kamen aus den USA, Kanada, Israel und London. Nur wenige konnten aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen. Erwartet weuden 25 Personen jeden Alters. Die Kosten für die Eingeladenen wurden durch Spenden von Bürgern – nicht nur aus Bayreuth – und anderen Spon­soren aufgebracht.

Diese Einladung verstandn wir als Geste der Erinnerung. Zu ihr gehörte ein Programm mit verschiedenen Veranstaltungen in der Woche vom 13. bis 19. September. Durchgeführt wurden Besuche jener Orte, wo die Vorfahren der Gäste her­stammten, wie Demmelsdorf, Aufsess oder Oberlangenstadt. Am Beispiel jüdi­scher Friedhöfe wie jene von Burgkunstadt oder Aufsess konnten wir zeigen, wie heute in Deutschland mit dem jüdischen Erbe umgegangen wird. Es sind Bei­spiele der Versöhnung, da diese Orte durch Eigeninitiave von Christen gepflegt oder durch die örtlichen Kommunen Instand gehalten werden.

Veranstaltungsprogramm 13.–19. September 2003

Samstag, 13.09.

Eintreffen der Gäste

19:00                Willkommen und gemeinsames Abendessen im Accent-Hotel (Gäste und Geschichtswerkstatt Bayreuth)

Sonntag, 14. 9.

9:45–11:45       Besichtigung der Synagoge und Besuch des Jüdischen Friedhofes unter Leitung des Vorsitzenden der Isr. Kultusgemeinde Felix Gothart

15:00–17:00      Stadtrundgang zum „Jüdischen Bayreuth“ vom Accent-Hotel aus in die Innenstadt unter Leitung von Ekkehard Hübschmann. Vor allem sollen die Gäste aus ihren Erinnerungenheraus erzählen: Luitpoldplatz (Isner, Max Dessauer, Flörsheim), Opernstrasse (Wölfelblock: Reinauer, Rosenthal, Kurzmann), Opernstr. 16 (1759 Beginn der Jüdischen Gemeinde Bayreuths in der Neuzeit) und Bau der Synagoge 1760, Opernstr. 7 Hermann Reinauer, Sternplatz, evtl. Maximilianstrasse.


19:00               „Come together“ verbunden mit einem kalten Büffet im Accent-Hotel \ Weinstube. Gegenseitiges Kennenlernen der Gäste, GW-Mit­glieder und Helfer der Denkstein-Aktion
Vorstellen des Projektes „Verfilmung und Digitalisierung des Archi­ves der Isr. Kultusgemeinde 1787–1938.

Montag, 15.09.

Vormittag Gelegenheit für den Besuch einiger im Gymnasium Christian Ernes­tinum, des ehemaligen Wohnhauses usw.

11:30                Offizieller Empfang der Stadt Bayreuth durch den Oberbürgermei­ster Dr. Dieter Mronz im Rathaus mit anschliessendem Mittagessen für die Gäste im Lokal Weihenstephan und Vertretern der Geschichtswerkstatt Bayreuth.

17:30                Übergabe-Feier im Historischen Museum mit Reden (ohne Chor). Gebäck und Getränke werden gereicht.

20:00                Betreuer, Gäste und einige Interessierte verbringen den Abend gemeinsam im Accent-Hotel.

Dienstag, 16. 9.

10 Uhr              Bus-Exkursion nach Demmelsdorf und zum dortigen jüdischen Friedhof. (Begrüssung durch den Bürgermeister.)

12:30                Mittagessen im Gasthof Lindner in Stadelhofen.

15:00                Aufsess: 15 min. Fussweg zum jüdischen Friedhof, Begrüssung durch den Aufsesser Bürgermeister.

16:30                Tüchersfeld: Führung zum Judenhof und der Synagoge im Fränk. Schweiz Museum

Abends zur freien Verfügung

Mittwoch, 17. 9.

09:30                Busexkursion nach Bamberg, Stadtführung durch Fr. Mistele

15:15                Altenkunstadt: Josef Motschmann führt durch die Synagoge und den Friedhof von Burgkunstadt.
Auf dem Rückweg Abendessen in der Weihersmühle im Kleinzie­genfelder Tal.

20:00                Pressetermin im Akzenthotel. Einige Gäste, die Wert auf Öffentlich­keit legen, berichten von ihren Erfahrungen und beantworten Fragen der Journalisten.

Donnerstag, 18. 9.

09:00                Wahlweise: Treffen mit ehemaligen Mitschülern, Bekannten, Nach­barn. Oder:
Zugfahrt nach Nürnberg, Besichtigung der Altstadt und des Denk­mals für Leo Katzenberger.

15:00               Besuch des Dokumentationszentrums auf dem ehemaligen „Reichsparteitagsgelände“

Abends zur freien Verfügung

Freitag, 19. 9.

09:30                PKW-Fahrt nach Mödlareuth an die ehemalige deutsch-deutsche Grenze. Besichtigung des Grenz-Museums.
Auf Rückfahrt Einkehr auf dem Waldstein mit Burgruine, Teufel­stisch, Granitformationen, Besteigung des Gipfels (Schüssel) und Blick über bayer. Vogtland und Fichtelgebirge.

Abends             Abschlussveranstaltung mit den noch anwesenden Gästen in einem „gemütlichen“ Lokal.


Ergebnisse

Das Projekt war in mehrerer Hinsicht ein grosser Erfolg. Den eingeladenen ehemaligen Bayreuther jüdischen Glaubens wurde gezeigt, dass man in ihrer Heimatstadt an ihrem Schicksal und dem ihrer Familien sehr interessiert ist; dass man hier bemüht ist, den mit Sicherheit furchtbarsten Teil europäischer Geschichte aufzuarbeiten und eine Aussöhnung anstrebt. Freunde und Verwandte sahen sich seit der Vertreibung aus Deutschland das erstemal wieder, wussten oft gar nicht, ob der andere noch lebte. Der Erfolg kam bei den spontanen Reden der Gäste bei der Übergabeveranstaltung ebenso zum Ausdruck, wie in den Briefen und Telefonaten der Dankbarkeit nach ihrer Heimkehr. Schon während des Aufenthaltes, wiederholte eine Eingeladene aus Israel, dass dies die schönste Woche ihres Lebens gewesen sei.
Die zweite Zielgruppe, bei der das Projekt grossen Erfolg hatte, waren die Nachkommen der Eingeladenen. In der Regel wird in den jüdischen Familien nicht über die Verfolgung in der NS-Zeit gesprochen. Nun erfuhren jene Mitglieder der 2. Generation Details der Verfolgung, was sie mit grosser Dankbarkeit aufnahmen.

Dadurch, dass die örtliche Tageszeitung in mehreren grossen Artikeln das Projekt begleitete, konnte auch die Bevölkerung erreicht werden. Hier war ein überaus positives Echo zu vernehmen.

Finanziell ermöglicht haben das Projekt mit einem Umfang von 21.800 Euro zahlreiche Privatleute, eine Partei, zwei Kirchen, ein Stromlieferer und ein Rotary Hilfswerk mit insgesamt 19,7 %. Der finanzielle Eigenanteil der Geschichtswerkstatt Bayreuth e.V. betrug 18,4 %. Grössere Beträge kamen von der Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Bayreuth (6,9 %),
Werner Zapf (13,8 %), Friedrich-Baur-GmbH (18,4 %) und Renovabis Versöhnungsfonds der Katholischen Kirche in Deutschland (22,9 %).











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